Die Farben der Erle

Immer wieder faszinierend, wie vielfältig und abwechslungsreich unsere Natur ist!

Für uns ist es doch normal, dass Bäume im Herbst einen bunten Reigen an verschiedenen Farben zeigen: die Blätter verfärben sich in Rot-, Gelb- und Brauntöne, um dann in einem bestimmten Moment 'gen Boden zu schweben.

›Aber warum das tun, was andere machen!‹ denkt sich die Schwarz-Erle. Ich behalte lieber meine Blätter in sattem Grün und lasse sie dann auch so zu Boden fallen. Ein Witz? Nein, weit gefehlt. Denn die Erle geht hier tatsächlich ihren eigenen Weg. Im Reich der Pflanzen gibt es eben immer wieder wundersame Dinge zu entdecken.

 

Erlen bilden an ihren Wurzeln Knöllchen aus. Diese Knöllchen entstehen durch Bakterien, welche mit dem Baum eine Symbiose eingehen: die Bakterien bereiten die im Boden vorhandenen Stickstoffverbindungen so auf, dass die Erle diese verarbeiten kann. Die Bakterien bekommen als Dankeschön Kohlenstoffverbindungen, man könnte sie auch umgangssprachlich als ›Zuckerl‹ bezeichnen.

Durch die Knöllchen können die Erlen auch an nährstoffarmen Orten prächtig gedeihen und es sich somit leisten, die Blätter tatsächlich noch grün fallen lassen.

 

Fachkundige könnten nun einwerfen, dass Symbiosen mit Bakterien oder Pilzen auch durch andere Bäume eingegangen werden, diese aber trotzdem ihre Blätter nicht grün abwerfen. Vielleicht sollten wir deshalb den rein wissenschaftlichen Boden verlassen und uns das Wesen der Erle genauer anschauen! 

Die Erle hat seit jeher einen speziellen, oft schlechten Ruf, da sie - wenn sie gefällt wird - blutet: Das heißt, das Holz färbt sich rot. Bei den Germanen war die Farbe Rot ein Zeichen von Auseinandersetzung, Krieg, Gewalt, und auch des Todes. Später im christlichen Mittelalter wurde rot mit den Hexen und dem Teufel, dem Bösen schlechthin, in Verbindung gebracht. 

 

Rot ist aber auch ein Farbe der Wärme und der Kraft. An Wintertagen vertreibt das ‚rötliche‘ Feuer die Kälte aus den Körpern, es beschert uns leckere Speisen und lädt zum geselligen Beisammensein ein. Mit dem Feuer können wir auch Altes, Belastendes symbolisch verbrennen. Wir machen dadurch Platz, öffnen uns neuen Gedanken und nehmen Herausforderungen bejahend an.

Genau dies vermag die Erle auch: sie lädt uns ein, einen Moment zu verweilen, in uns zu gehen und zu reflektieren. Wir können der Erle unsere Sorgen und Nöte anvertrauen, die sie liebevoll mit ihrer ihr innewohnenden roten Kraft verbrennt und die imaginäre Asche anschließend an das nahe gelegenen Wasser abgibt. Die Erle liebt die Nähe des Wassers, nicht zufällig, wie man sieht!

Das Grün der Blätter symbolisiert die Hoffnung, den Lebensmut. Außerdem wirkt grün entspannend und lässt uns regenerieren. Ein wunderbarer Ausgleich also zum Rot, welches eher aktiv und auch fordernd wirken kann.

 

Ich genieße es, gerade jetzt im Herbst, an Bächen und Flüssen entlang zu spazieren, berührt von den Erlen, die meinen Weg säumen, helfend ihre Zweige entgegenstrecken oder mich einfach mit ihrem Wesen verzaubern!