Bisher hatte ich nicht wirklich einen Zugang zu diesen anspruchslosen Pflanzen, die man häufig in Gärten oder als Dachbegrünung sieht. Ich spreche von den Dickblattgewächsen, wie z. B. dem scharfen Mauerpfeffer oder der roten Fetthenne.
Die Mitglieder dieser Pflanzenfamilie sind genügsam und werden in den nächsten Jahren sicher noch an Bedeutung gewinnen, da sie mit ihren fleischigen Blättern - die ihnen als Wasserspeicher dienen - Trockenheit gut vertragen. Außerdem sind sie ein begehrter und ertragreicher Landeplatz für das Insektenvolk, auch wenn ihre Blüten teilweise beinahe bizarr wirken. Wenn man sich allerdings auf sie einlässt entfalten sie eine eigene, faszinierende Schönheit.
Für mich war es jedenfalls Liebe auf den zweiten Blick. Vor einigen Jahren erzählte mir ein Kräuterkollege, dass er regelmäßig Blätter, speziell der roten Fetthenne, für seine Salate verwendet. Als ich nun in unserem neuen Garten gleich mehrere dieser Pflanzen vorfand wollte ich es nun auch einmal probieren. Ich war erstaunt, wie erfrischend und zugleich leicht herb der Geschmack war - ein Bouquet aus verschiedenen Geschmacksnuancen, aber zugleich nicht aufdringlich, eher neutral. Ein Widerspruch in sich?! Vielleicht zeigt dies meine Ambivalenz zu dieser Pflanzenart. Und gerade das macht auch den Reiz aus, mich näher mit ihr zu beschäftigen.
Wenn man über die rote Fetthenne als Nahrungsmittel recherchiert, ist man mit verschiedenen Aussagen konfrontiert - wie so oft! ;-) Die einen sagen 'giftig', auf keinen Fall essen. Die anderen meinen 'leicht giftig', aber dennoch nicht essen. Und die dritte Gruppe spricht von essbar, allerdings in geringer Menge.
Ich tendiere zur dritten Gruppe. Ich merke, dass ich nach drei bis vier Blättern ohne Beilage 'genug' habe. Mein Körper signalisiert mit zufriedenem Gefühl: es reicht. Wahrscheinlich ist dies auch die sogenannte Wahrheit. Jeder darf für sich selbst erfühlen, ob und in welcher Menge die Pflanze gegessen werden soll.
Als giftig würde ich die rote Fetthenne auf keinen Fall bezeichnen. Aber ein kranker Mensch sollte bei Pflanzen prinzipiell aufpassen, inwieweit sie z. B. entgiftend oder stoffwechselanregend wirken. Je nach Befindlichkeit bzw. Erkrankung der Organe könnte dies den Körper überfordern. Letztendlich bleibt der allgemeine Rat meines Kräuterlehrers: rantasten. Am Anfang mit einem kleinen Stückchen beginnen und im Laufe der nächsten Tage steigern. Ich bin damit immer gut gefahren und habe - bis auf einmal, als ich nicht auf ein 'Stopp' meines Körpers gehört habe - gute Erfahrungen damit gemacht.
Der scharfe Mauerpfeffer, ein naher Verwandter der roten Fetthenne, wurde aufgrund seines scharfen Nachgeschmacks gerne als Salatkraut genutzt. Außerdem kennt man ihn auch aus der Pflanzenheilkunde als zusammenziehend, was den Gerbstoffen zu verdanken ist, harntreibend und als Ergänzung des Vitamin-C-Haushalts. Äußerlich kennt man ihn auch als Warzenkraut oder Wundauflage.
Ich merke immer wieder, dass das Reich der Heilpflanzen beinahe unendlich ist, es immer wieder Neues zu entdecken und bewundern gibt. Und genau das macht es für mich so wertvoll: in diesem Moment wieder Kind sein und die Welt mit großen, 'neuen' Augen sehen und sich daran erfreuen!