Da steht sie nun, in ihrem unverkennbar weißen Kleid, auf die ersten Strahlen der Frühlingssonne wartend. Diese auffällig weiße Farbe der Rinde hebt sie von allen anderen unserer heimischen Bäume ab.
Und schaut man tiefer in die Geschichte der Birke und ihrer Verbindung zum Menschen erkennt man noch viele andere Besonderheiten. Dass die Birke für den Frühling steht und somit auch für den Neubeginn ist kein Zufall.
Wir lassen unseren Blick direkt in die Natur schweifen, über die Ebenen bis hin zu den Wäldern. Die Birke ist ein Pionierbaum, das heißt sie kann auch auf kargen Böden gedeihen. Aufgrund ihres flachen Wurzelwerkes ist sie sogar in der Lage, auf Fels, Sand und im Moor zu wachsen. Allerdings braucht sie viel Licht, deshalb fühlt sie sich auch im dicht wachsenden Buchenwald nicht wohl und säumt lieber den Waldrand, lässt dort ihr helles Kleid direkt im Sonnenlicht leuchten. Die Birke steht deshalb für den Neubeginn eines Waldes - eines neuen Lebensraumes für Menschen und Tiere.
Interessant ist, dass die weiße Farbe der Rinde nicht nur die Birke an sich erstrahlen lässt, sondern auch dem Birkenholzfeuer eine besondere Leuchtkraft gibt. Dieses leuchtende Feuer wurde in alten Bräuchen als Willkommensgruß für den Frühling entzündet.
Die Wissenschaft hat einen speziellen Namen für das Weiß der Rinde: Betulin. Und mittlerweile weiß man auch, dass Betulin ein besonderes Wirkungsspektrum für unseren Organismus besitzt: es wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und antiviral, bekämpft Tumore und ist zudem noch cholesterinsenkend.
In der Volksheilkunde weiß man schon länger um die heilende und stärkende Wirkung der Birkenblätter und des Birkensaftes. So manche Großmutter erinnert sich noch an die Spaziergänge in den Wald, um im Frühjahr die kostbare Flüssigkeit der Birke zu zapfen. Dieser Saft fand Anwendung bei Arthritis und Rheuma, half bei Nieren- und Blasenerkrankungen sowie bei Hautproblemen. Und wurde ganz gezielt als Frühjahrskur genutzt, um den Stoffwechsel anzuregen und die Altlasten des Winters aus dem Körper zu treiben.
Von verschiedenen Freunden aus Polen, Russland und Litauen weiß ich, dass aus diesem Grund der Birkensaft dort auch heute noch ein geschätztes und begehrtes Getränk ist. Mit ihrem Saft oder einem Tee aus den Blättern verhilft uns die Birke also zu einem kraftvollen und gesunden Start in ein neues Jahr.
Es ist jedenfalls sicher kein Zufall, dass das Baumalphabet der Kelten mit ›Beth‹, dem keltischen Namen für ›Birke‹, begann. Auch sie wussten um die verjüngende, frühlingshafte, erneuernde Kraft der Birke.
Ich bin gespannt, was Du empfindest, welche Gedanken Dir durch den Kopf gehen, wenn Du das nächste Mal eine Birke triffst. Vielleicht weht Dir ein Hauch alter Erinnerungen und Geschichten dieses märchenhaft wirkenden Baumes entgegen.
Oder die ersten warmen Frühlingsstrahlen beleuchten den weißen Stamm und Du fühlst Dich eingeladen zu Verweilen und diesen Augenblick in freundschaftlichem Schweigen zu genießen.