Lebenskraft! Wenn man den intensiven Duft und starken Geschmack des Thymian wahrnimmt fällt es einem leicht, ihn mit Lebenskraft zu assoziieren. Das altgriechische Wort ‚thymos‘ bedeutet genau dieses.
Meine tiefe Verbindung zum Thymian kann ich nicht wirklich erklären. Natürlich kenne ich ihn aus meiner Kindheit als wirksames Mittel gegen Husten – und auch als leckeres Würzkraut in verschiedenen Speisen. Aber es ist mehr als nur eine Vertrautheit. Ich nehme ihn als etwas ‚Ursprüngliches‘ wahr, wie eine Erinnerung an eine lang vergangene Zeit – mystisch, geheimnisvoll und doch zugleich sehr vertraut.
Es war für mich deshalb eine besondere Freude, diese Heilpflanze genauer zu betrachten und tiefer in die Geschichte des Thymians einzutauchen.
Weltweit gibt es über 300 verschiedene Thymianarten, welche alle als Heilmittel verwendet werden können. Thymiane lieben Sonne und trockene, eher karge Böden und wachsen selbst in Mauerritzen. Die verschiedenen Thymianarten sind typische Vertreter ihrer Pflanzenfamilie, den Lippenblütlern, die viele bekannte, geschmacksintensive und aromareiche Heilkräuter enthalten. Salbei, Rosmarin, Bohnenkraut, Ysop, Zitronenmelisse, Oregano, Minze, Lavendel und Basilikum sind nahe Verwandte des Thymians.
Der Echte Thymian, Thymus vulgaris, stammt aus dem Mittelmeerraum und wurde gezielt in den Klostergärten angebaut. Wild wachsend trifft man ihn in Deutschland selten an. Der Echte Thymian, auch Römischer Quendel oder Gartenthymian genannt, wächst als kleiner Strauch bis zu 40 cm hoch. Seine Blätter sind eher schmal elliptisch und in jungem Zustand noch grün, bekommen jedoch zunehmend eine graugrüne Färbung. Auf der Unterseite ist der Echte Thymian grauweiß behaart. Auffallend ist, dass seine Blattränder im Gegensatz zu einigen anderen Thymianarten nach unten leicht eingerollt sind.
Bei mir im Garten kann ich die weißen bis hellrosa Blüten des Echten Thymians von Mai bis in den Herbst hinein bewundern und genießen.
Der Thymian hat eine lange und traditionsreiche Geschichte in der Heilpflanzenkunde vorzuweisen. Man findet in alten Schriften auch immer wieder den Hinweis, dass Thymian zum Inhalieren und Räuchern verwendet wurde.
Gerade bei Erkältungen ist der Thymian nach meiner Erfahrung eines der effektivsten Mittel, um eine schnelle und nachhaltige Linderung der Atembeschwerden zu erreichen. Bei Husten empfinde ich ihn besonders hilfreich.
Matthaeus Platearius (12. Jh.), der Verfasser des Buches ‚De simplicibus medicinis‘ – Von den einfachen Arzneimitteln – führt den Thymian als hilfreich bei Melancholie an. Im Lorscher Arzneibuch – dem ältesten deutschen Heilkundebuch – wird der Thymian „zur Förderung der Verdauung sowie gegen alle Gesundheitsstörungen“ beschrieben. Er ist zudem in einer Rezeptur aus mehreren Pflanzen genannt, welches als Allheil- mittel gegen sämtliche Krankheiten helfen solle.
Thymian wurde wegen seines ätherischen Öls auch in der Antike bei Atemwegs- sowie Hauterkrankungen eingesetzt. Die antibakterielle und antivirale Wirkung des Thymians ist heute anerkannt und er ist ein fester Bestandteil in vielen Haushalten, die sich der wundervollen Heilkraft von Pflanzen bedienen.
Die Heilwirkung des Thymians ist umfangreich und vielfältig. Einige der auch heute noch gebräuchlichen Einsatzbeispiele finden sich in den vorgenannten Schriften aus der Antike und dem Mittelalter: Erkältungen, Bronchitis, Husten, Krampfhusten, Asthma, Verdauungsschwäche, Sodbrennen, Blähungen, Magenbeschwerden, Menstruations- und Wecheljahresprobleme, Ödeme, (Feig)Warzen, Ischias, Melancholie und schmerzlindernd. Zudem wirkt er harntreibend, stärkt die Nerven und wirkt dennoch beruhigend. In der Volksheilkunde wird er zusätzlich bei Entzündungen, Leberschwäche, Nieren-, Blasenentzündungen, Gicht und Rheuma, Verletzungen, Ekzeme, entzündete und schlecht heilende Wunden und bei Gürtelrose angewandt.
Der Echte Thymian ist ebenso eine wichtige Gewürzpflanze. Er kann sowohl in frischem als auch getrocknetem Zustand verwendet werden und eignet sich gut für Aufstriche, Eintöpfe, Fisch- und Fleischgerichte und Suppen.
Für mich gehört er zu meinem engsten Freundeskreis: durch ihn fühle ich mich mit den früheren Kräuterkundigen verbunden. Und er ist mein Trost bei Erkältungen und es ist mir, als würde meine Mutter neben meinem Bett sitzen und liebevoll sagen: ich habe Dir einen Topf zum Inhalieren bereitgestellt, mit Thymian und Kamille: bald bist Du wieder gesund!